Resident Evil 2 Remake Review

(copyright @ capcom)


Nach 21 Jahren kommt Resident Evil 2 erneut heraus. Diesmal in schicker HD Optik und mit komplett überarbeiteter Steuerung. Doch was taugt das Remake? Wird hier nur die „Cash Cow“ gemolken oder handelt es sich tatsächlich um eine würdige Neuauflage?
1996 erschuf Capcom das Genre „Survival Horror“. Es stand für Ressourcenknappheit in allen Belangen pausenlose Anspannung. Munition, Heil Items und Speichermöglichkeiten waren rar gesät. Man musste gut überlegen ob man einen Gegner tötet oder lieber umgeht. Heilen oder noch eine Attacke über sich ergehen lassen? Angesiedelt im Zombie- Horror Universum musste man Rätsel lösen, Gegner bekämpfen und nach und nach die Geschichte um einen Pharmakonzern und den Ausbruch eines Virus aufdecken. 1998 erschien der Nachfolger. Resident Evil 2 machte alles was Teil 1 einführte noch etwas besser und gilt bei vielen Fans als der beste Teil der Reihe.
Capcom revolutionierte praktisch die eigene Kreation.
Wer die Reihe verfolgte, stellte aber auch fest, dass sich immer mehr in Richtung der reinen Actionspiele entwickelt wurde, was auch am Wechsel zur „Over Shoulder“ Perspektive lag. Nach Resident Evil 4 gab es immer weniger Survival Horror, dafür mehr Action. Die Teile 5 und 6 sind fast reine Third Person Shooter. Selbiges gilt auch für die Revelations Spin Offs. Eine zweite kleine Revolution bekam die Reihe mit der Veröffentlichung des 7. Teils. Mit dem konzentrierte man sich wieder auf die ursprünglichen Stärken der Reihe. Das Setting wurde komplett überarbeitet. Man befand sich plötzlich in einem Hillbilly Horror Film, wahlweise sogar in VR. Capcom zeigte dass sie es ja eigentlich noch können.
Voreingenommen durch die grundsätzliche Entwicklung der Reihe, war ich ein wenig skeptisch ob das Spiel meinen Erwartungen gerecht werden würde und nicht bloß wieder ein Actionspiel. Schließlich revolutionierte Capcom ein ganzes Genre mit Resident Evil 2. Und die Ankündigungen versprachen oldschool Horror, das hatte ich aber bei The Evil Within auch schonmal gehört und wurde gnadenlos enttäuscht.
Zu Beginn entscheidet man sich für einen der beiden Hauptcharaktere, Leon S. Kennedy oder Claire Redfield. Die jeweiligen Szenarien variieren in Item Platzierung und Nebenstory. Die Rahmenhandlung bleibt die Gleiche. Nachdem man sich für einen Charakter entschieden hat, wählt man noch den Schwierigkeitsgrad. Dieser verändert die Stärke der Gegner und beeinflusst unter anderem die Anzahl der möglichen Speicherungen. Es beginnt wie früher, man sieht einen Truckfahrer, der im Laufe der Eröffnungssequenz von einem Zombie gebissen wird. Claire und Leon lernen sich diesmal an einer Tankstelle kennen, nicht in einem Diner. Die Tanke, natürlich von Infizierten überrannt, fungiert als Tutorial. Die Beiden schaffen es zu fliehen und kommen im verlassenen Raccon City an.  Ab hier trennen sich ihre Wege, unfreiwillig. Toll wie sich hier an der originalen Eröffnung orientiert wurde. Was mir zuerst auffiel war die wirklich überragende Optik, das Spiel sieht dermaßen gut aus, dass ich mich ständig beim Umsehen und Staunen erwischte. Das Licht, die Spiegelungen, oder einfach nur der Lichtkegel der Taschenlampe, sehr stimmungsvoll. Dazu kommt das gesamte Design der verschiedenen Schauplätze. Manche der Locations sind so toll gestaltet, dass Leute die mit dem alten Spiel vertraut sind, Vieles wiedererkennen werden. Es gibt aber auch genug neue Inhalte um selbst alt eingesessene Fans zu überraschen. Außerdem ist es wirklich großartig ohne Ladezeiten durch sämtliche Türen zu marschieren. Rätsel und Items wurden teilweise neu verteilt, neue Räume kamen hinzu und alte wurden gestrichen. Was ich persönlich schade finde ist, dass die Abenteuer keinerlei Auswirkungen mehr aufeinander haben. Wo man früher noch überlegen musste ob man einen Gegenstand für den zweiten Charakter liegen lässt, kann man in der Neuauflage beruhigt alles einsammeln. Das macht zwar die nächsten Runs inklusive des jeweiligen B-Adventures irgendwie weniger spannend, dennoch kann man das Spiel insgesamt 4x durchspielen und bekommt jedes Mal zusätzlichen Kontent. Apropos, ein kostenloses Update gab es auch schon, wenn es auch nur ein „Survival Mode“ ist, in dem man sich auf Zeit gegen Gegner wehren muss. Die Gegner haben es übrigens in sich. Nach den ersten Konfrontationen stellte ich fest dass sie wirklich viel vertragen, selbst die normalen Zombies und es wohl klüger wäre, so viele von ihnen wie möglich zu umgehen. Munition ist knapp und intensiviert den Horror, da man nicht einfach jeden Gegner entspannt aus dem Weg räumen kann. Man findet zwar immer Munition und hat auch die Möglichkeit sich welche herzustellen. Das Feature aus Resident Evil Nemesis mit den Munitionsherstellungspulvern wurde übernommen. Waffen können wieder mit diversen Upgrades aufgerüstet werden und gespeichert wird noch immer an Schreibmaschinen, je nach Schwierigkeitsgrad mit oder ohne der Verwendung der berühmten Farbbänder. Obwohl ich ja finde dass die Abstinenz von Farbbändern irgendwie die Erleichterung beim Speichern missen lässt. Kräuter werden immer noch gemischt um verschiedene Stärkegrade zu erreichen. Heil Items gab es für meinen Geschmack übrigens in ausreichender Menge. Die neue Steuerung funktionierte auch super, allerdings kann man nicht aktiv ausweichen. Die Gegner bewegen sich zwar sehr langsam, die Charaktere allerdings auch, selbst beim „Sprinten“. Was einerseits natürlich toll für das Bedrohungsgefühl ist, andererseits aber auch ein wenig unglaubwürdig erscheint. Keiner der Hauptakteure kann richtig rennen oder auch nur das kleinste Hindernis überqueren. Hier und da wäre wenigstens ein Sidestep wirklich hilfreich gewesen. Spätestens wenn der Typ mit dem Hut auftaucht. Das fühlt sich im Zeitalter der Ausweichrollen und des „in Deckung hechten“ irgendwie altmodisch an. Dafür gibt es diesmal, wie in der Neuauflage des ersten Teils von 2002, Nahkampf- bzw. Sekundärwaffen die einem das Entkommen aus prekären Situationen erleichtern. Auf Musik wird großzügig verzichtet, stattdessen sehr geschickt mit Umgebungs- und Außengeräuschen gearbeitet. Wenn es welche gibt, dann meistens in ohnehin schon stressigen Situationen wie Endgegnerkämpfen. Die Sprachausgabe ist auch um einiges besser als 1998, professionellere Sprecher und besser geschriebene Dialoge. Allerdings gilt das ausschließlich für die englische Sprachausgabe, da ich keine andere gehört habe. Generell fühlt sich das Spiel insgesamt viel ernster und erwachsener an, weniger trashig und cheesy als früher. Die komplette Grundstimmung ist düsterer und härter. Die Atmosphäre ist echt einmalig, unheimlich und angespannt von der ersten bis zur letzten Minute.
Ich bin wirklich restlos begeistert. Das Resident Evil 2 Remake fühlt sich heute für mich genauso an wie das Original damals. Ich bin angespannt, gestresst, habe Angst und meine Hände klammern sich in den Controller. Ich bin froh dass Capcom hier ein fantastisches Oldschool Survival Horror Spiel abgeliefert hat, das sich trotz der heutigen Genre Konventionen an altmodische Mechaniken hält.
Für mich erneut der Genre Primus, eine ganz klare Kaufempfehlung.

Jaysonderus Wertung: Objektiv 9/10 , mit der Nostalgiebrille 10/10

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